- DESIgn - Uske: „mit einer anderen Form von Schrift, mit einer anderen Form von Textur kommt er mögli- cherweise an diesen Pool, an das Brodelnde, das Diffuse, das entsteht, wenn der kalte, tote Buch- stabe auf die Engführung des Signifikanten trifft und sich das Bedürfnis in der Form des Begehrens hinter den Signifikanten begibt, ihn gleichsam aber bestimmt. Der Designer sucht ein mediales nadelöhr, vielleicht eine andere Form von Schrift, eine synästhetische Sensation, um dem Begehren zu entsprechen. Vor 120 Jahren kein Design Den Bezeichnungsakt im Design, so Uske, habe man bis vor 120 Jahren gar nicht als Design be- zeichnet. Da habe es im grunde genommen nur notwendigkeiten gegeben, mit Schrift hinweise auf irgendetwas zu setzen, wozu man dann gra- fikdesigner gebraucht habe, die damals auch noch nicht so hießen, das waren seinerzeit Typografen, sprich grafiker, die mit Typen arbeiteten. Dies sei eigentlich alles gewesen, aber zugleich eine hohe Kunst, weil es immer um die abstände der ein- zelnen Buchstaben ging. Der Textblock musste für den Lesefluss hinsichtlich einer gewissen nach- drücklichkeit vorbereitet werden. In der gesamtwahrnehmung sollte es einheitlich sein und gut aussehen. Das, so Uske, sei alles ge- wesen. heute sei der Designer daran interessiert, ohne dass er wahrscheinlich von Lacan je etwas gewusst oder gehört habe, hinter die harte mau- er des Textverständnisses, des kalten mediums, zu treten, weil er erkenne, das kalte medium könne ei- nen Sachverhalt nur beschreiben, setze aber einen Rezipienten voraus, der diesen Text selber in einer affektgedrosseltheit verstehen können muss. Im Stil der neuen Sachlichkeit noch vor den 1930er-Jahren, so Uske im gespräch in der Uni Wuppertal, sei das Design immer infor- mativ, eher kühl und im Text beschreibend gewe- sen. Uske: „Beworben wurde eine neue zigarette, so und so viel Prozent …, ganz im Stil der neu- en Sachlichkeit, danach aber beginnt die lasche Verführung by the way durch neologismen, eine bestimmte Begrifflichkeit. Plötzlich taucht in der zigarettenwerbung einer auf und sagt, wir machen einfach mal die Oberfläche orange, so eine gebro- chene Farbe. Kennt ja noch keiner, ‚Ernte 23‘. Das war der Dreh von hans Domizlaff, und die Leu- te sprechen an. auf einmal ist eine affektaffinität vorhanden, die nicht über einen Text funktioniert, sondern über einen Reiz.“ Wolke & Irgendwie Wenn man die Käufer fragte, wieso sie das Produkt jetzt gekauft hätten, sagten sie: „Fand ich irgend- wie gut.“ Das IRgEnDWIE ist immer ein hinweis auf die Wolke, die dahintersteht. Fortan gelang dem Design der Durchbruch, und das in aller Re- gel nicht mit weiterem Text. Text gegen Text bleibt immer kalt, ist immer Text. Der Text wurde als de- fizitär empfunden und bedurfte des Supplements durch den Reiz. hierbei konnte schon die Verän- derung der Buchstabenform dazu führen, näher an die Wolke heranzukommen. Um die Wolke, das nicht mehr begrifflich und sprachlich Fassbare zu erreichen, arbeitet Design nicht mehr in der Sin- gularität von Texten, Bildern, Tönen oder Filmen. Standard sei das atmosphärische, um das Irgend- wie, die Wolke, zu erreichen. So ist es die Farbe, so ist es der Raum, so ist die Verteilung auf der Seite – möglicherweise – … und dann ganz neue Formen, die natürlich durch die bewegten medien dazuge- kommen sind. Und da haben wir auf einmal eine plastische masse, in der aber alles zum Text wird. Deswegen ist Design immer mehr geworden. alles wird dann auf einmal als Text bezeichnet. 77 KUnSTmagazIn