- JUGENDLICHE UND OSTERN - deutet logischer Weise, dass wir als Geschöpfe Got- tes so geschaffen worden sind, dass wir von Gott unterschieden sind, nicht als Marionetten kreiert wurden, sondern als freie, von ihm losgelöste, ab- gesonderte Geschöpfe. Diese sogenannte Ursünde, Urtrennung ist von Gott positiv gemeint. Sie kon- stituiert uns erst. Und als freie Menschen können wir dann ja zu ihm sagen oder auch nein. Aber das wirklich Spannende ist ja, dass Gott an dieser Absonderung kein Interesse hat. Er spricht sein Wort, dass uns als freie erschafft und uns als Freie anerkennt und sein lässt, und uns zugleich einlädt, sich ihm wieder zuzuwenden und Ant- Wort zu werden. Diese Ant-Wort kann aber nur jeder allein sprechen, ist nur dem einzelnen Indivi- duum möglich. Aber Gott hat Zeit, er spricht sein Wort immer wieder, mit aller Liebe, unentwegt und für jeden einzelnen unüberhörbar. Er spricht auch meine Kinder an und meine Schülerinnen, und sie werden ihm, wenn ihre und seine Zeit gekommen ist, auf sein Wort Ant-Wort geben. Aber Gottes Wort steht nicht nur in Beziehung zu einer Ant-Wort jedes einzelnen Menschen, sie zieht auch Verantwortung nach sich. Und hier kommt meine zweite Schlussfolgerung, die sich auf meine Verantwortung als Mutter, als Lehrerin, als Mitchristin bezieht. Denn wenn Gottes Personen-Namen Jahwe und Jesus und Christus und Spiritus sind, wenn dies phantastische theologische Namensprogramm zu- treffend ist, wenn Gott der ist, der da ist, immer an meiner Seite ist, der mich rettet, aus allem, was bedrohlich ist, und mich an seinem Geist teilha- ben lässt und mich befähigt, richtig zu erkennen und zu handeln, dann muss ich diesen Namen und meine konkreten Erfahrungen mit dem, was er bezeichnet, weitergeben. Dieses Wort Gottes bedarf meiner Ant-Wort als Person; mein eigenes Ja zu ihm enthält aber auch meine Verantwortung für meinen Nächsten, auch insofern, dass ich von dieser Nähe Gottes erzählen muss, davon, dass er mich auch in den schrecklichsten, dunkelsten Stunden meines Lebens an seiner Hand hielt – und davon gab es für mich sehr viele, und ich habe immer erfahren, dass er da ist, jedes Mal, dass er mich immer wieder gerettet hat und retten wird und dass er mich aus aller Not erlösen wird, auch aus der schlimmsten, der des Todes, genauer, dass er dies schon endgültig getan hat und unseren Tod mit-gestorben ist und wir folglich nicht mehr ster- ben werden, sondern in sein Heil kommen, bzw. schon jetzt und hier in seinem Reich leben, denn das Reich des Gesalbten ist nicht an Zeit und Raum gebunden, sein Reich ist raum- und zeitlos, nahe erfahrbar. Und deshalb werden meine armen Kinder und mei- ne armen Schülerinnen mir bedauerlicher Weise immer wieder zuhören müssen, wenn ich von Gott erzähle, und sie werden es ertragen müssen, wenn ich mit Begeisterung und Wonne aufgreife, dass sie Atheistinnen oder Agnostikerinnen sind und nicht die geringste Lust haben, daran etwas zu ändern, mir aber so viele schöne Gelegenheiten geben, ih- nen dazu etwas zu erzählen, mit ihnen darüber zu reden und mich auszutauschen, mit ihnen lustvoll zu argumentieren. Ich vermute ohnehin, dass sie nur behaupten, Atheistinnen und Agnostikerin- nen zu sein. Sie scheinen es von außen gesehen zu sein. Aber wer weiß, was in ihrem tiefsten Innern ist und wo Gott mit ihnen auf seinem persönlichen Weg mit ihrer Person gerade steht und geht. Dass dieses Reden über Gott und Glauben und Religion ein Tabu ist, dass größte Tabu nicht nur 2011, sondern noch viel mehr 2023 ist mir egal. 65 GYMNASIUM MARIENBERG